Die Sozialistische Linke in der Partei DIE LINKE spricht sich entschieden dafür aus, die Haltung  der Partei zu Forderungen nach einem bedingungslosen Grundeinkommen auch künftig offen zu  halten. Sie empfiehlt daher allen Mitgliedern, Gliederungen und Zusammenschlüssen der LINKEN  dringend, einen Mitgliederentscheid zu dieser Frage und die dahin gehende Unterschriftensammlung nicht zu unterstützen. Sollte es zu einem Mitgliederentscheid kommen, ist  es notwendig, dagegen zu stimmen, dass die DIE LINKE sich Forderungen nach einem bedingungslosen Grundeinkommen zu eigen macht.

Die Sozialistische Linke bringt sich in diesem Sinne aktiv in die Diskussion in der Partei ein. Die Haltung der LINKEN zu Konzepten und Forderungen nach einem bedingungslosen Grundeinkommen ist seit der Gründung der Partei hoch umstritten. Im Grundsatzprogramm der Partei DIE LINKE, das 2011 auf dem Parteitag in Erfurt mit breiter Mehrheit beschlossen und in einem Mitgliederentscheid bestätigt wurde, fordert DIE LINKE:

  • eine sanktionsfreie Mindestsicherung, die Armut tatsächlich verhindert. Hartz IV muss weg. Jeder und jede hat das Recht auf Arbeit und das Recht, konkrete Arbeitsangebote abzulehnen, ohne Sperrzeiten oder andere Sanktionen fürchten zu müssen.
  • eine armutsfeste gesetzliche Rente für alle Erwerbstätigen inklusive einer solidarischen Mindestrente
  • eine solidarische Bürgerversicherung für Gesundheit und Pflege
  • ein Recht auf gute, existenzsichernde Arbeit. Gute Arbeit für alle, aber weniger Arbeit für die Einzelnen – das wollen wir als neue Vollbeschäftigung.

Weiter stellt das Programm in einer ausdrücklich verhandelten und einem Konsens zugeführten Formulierung fest: „Teile der LINKEN vertreten darüber hinaus das Konzept des bedingungslosen Grundeinkommens, um das Recht auf eine gesicherte Existenz und gesellschaftliche Teilhabe jedes Einzelnen von der Erwerbsarbeit zu entkoppeln. Dieses Konzept wird in der Partei kontrovers diskutiert. Diese Diskussion wollen wir weiterführen.“ Auf dem Bundesparteitag 2015 in Bielefeld wurde mit wenigen Gegenstimmen ein Beschluss „DIE LINKE und das Bedingungslose Grundeinkommen“ gefasst, der als Kompromiss gemeinsam von der BAG Grundeinkommen und der BAG Sozialistische Linke eingebracht wurde. Darin wird festgestellt:

Es wird innerhalb der Partei DIE LINKE und unter ihren WählerInnen auch in absehbarer Zukunft sowohl BefürworterInnen wie GegnerInnen eines Bedingungslosen Grundeinkommens geben. In Debatten zum Thema ist daher UnterstützerInnen wie GegnerInnen von Konzepten eines bedingungslosen Grundeinkommens gleichermaßen Gelegenheit zu geben, ihre Positionen darzustellen. So kann diese Debatte in einer Weise geführt werden, die die Partei DIE LINKE nicht spaltet, sondern stärkt. Damit die Diskussion möglichst sachlich und qualifiziert geführt werden kann, ist die politische Bildung für den Bereich der Wirtschafts- und Sozialpolitik auf allen Ebenen zu verstärken. Parteigliederungen sollten sich im Sinne des Grundsatzprogramms bei ihren Diskussionen die Beschränkung auferlegen, die Position zum Bedingungslosen Grundeinkommen nicht entscheiden zu wollen. Ebenso gebietet es der Respekt der Mitglieder untereinander, die jeweilige Position jedes einzelnen Mitglieds in dieser Frage zu achten und jede Form von Ausgrenzung zu unterlassen. Jede Form von Entscheidung in dieser Frage durch Parteitagsmehrheiten in der einen oder anderen Richtung würde jeweils Teile der Partei und ihrer sozialen Basis von der LINKEN abstoßen.

Es wird noch ein längerer Diskussionsprozess erforderlich sein um zu klären, ob und ggf. welche abgestimmte und gemeinsame Position zum Bedingungslosen Grundeinkommen DIE LINKE entwickeln kann. Die Haltung der LINKEN wird dabei bestimmt werden von einer gemeinsamen
Beschreibung der anzustrebenden Gesellschaft ebenso wie einer Verständigung über die Einschätzung der gegenwärtig realen Entwicklungen.“ Die dort beschriebene Situation hat sich seitdem nicht geändert. Eine „abgestimmte und gemeinsame Position“ der LINKEN zum bedingungslosen Grundeinkommen ist in den kommenden Jahren nicht absehbar und auch im kommenden Jahrzehnt äußerst unwahrscheinlich. Einerseits wird die BAG Grundeinkommen wahrscheinlich nicht von ihrem Ziel abgehen und sich auflösen, andererseits werden die GegnerInnen wahrscheinlich nicht von ihrer Position abgehen. Auch eine „eine gemeinsame Beschreibung der anzustrebenden Gesellschaft ebenso wie eine Verständigung über die Einschätzung der gegenwärtig realen Entwicklungen“ liegt über das im Grundsatzprogramm dazu festgehaltene hinaus nicht vor.

Das Vorhaben, mit einem Mitgliederentscheid eine Positionierung zur Forderung nach einem Bedingungslosen Grundeinkommen erzwingen zu wollen, steht damit in Widerspruch zum Grundsatzprogramm und zu dem Parteitagsbeschluss von 2015. Die Bedingungen für eine politisch sinnvolle Entscheidung über die Haltung der Partei DIE LINKE sind nicht gegeben. Zudem sieht der Parteitagsbeschluss von 2015 vor, dazu zunächst eine Diskussion und Beschlussfassung auf dem Bundesparteitag durchzuführen und diesen dann einem Mitgliederentscheid zuzuführen. Der Parteivorstand hat vor diesem Hintergrund am 15.10.2017 unter Verweis auf das Grundsatzprogramm und den Parteitagsbeschluss von Bielefelder beschlossen:

„Im Sinne der bisherigen Beschlusslage unserer Partei, empfiehlt der Parteivorstand, von einem Mitgliederentscheid Abstand zu nehmen und stattdessen die Diskussion um das Pro und Kontra sowie mögliche Anforderungen an ein emanzipatorisches BGE kontrovers weiterzuführen.“
Offenbar lassen sich die BAG Grundeinkommen und einige andere in der Partei davon aber nicht abhalten und verfolgen ihr Projekt weiter. Es ist daher unumgänglich, Gegenaktivitäten zu ergreifen, und die Sozialistische Linke ist dazu aufgrund ihrer Positionen und gewerkschaftlichen
Ausrichtung besonders gefordert. Die Sozialistische Linke hat 2006 in ihrer Gründungs- und gültigen Grundlagenerklärung beschlossen, dass sie die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen für alle ablehnt. Diese Position bekräftigen wir. Die Begründungen für ein BGE halten einer kritischen Überprüfung nicht stand.

Die „emanzipatorischen“ Varianten würden immense Umverteilungsvolumina erfordern und sind unter kapitalistischen Verhältnissen illusionär. Die Berechnungen im Konzept der BAG Grundeinkommen gehen nicht auf, ein BGE müsste unvermeidlich ganz überwiegend von den Lohnabhängigen
bezahlt werden, die Abgabenbelastungen würden sich mehr als verdoppeln. Von der weiterhin zentralen Bedeutung der Erwerbsarbeit und ihrer Gestaltung und den tatsächlich in der Gesellschaft geführten Auseinandersetzungen wird abgelenkt, ungewollt könnte neoliberaler Politik Vorschub geleistet werden. Unsere Alternativen heißen gute Arbeit und gute Löhne, Stärkung des Sozialstaats und verbesserte und sanktionsfreie bedarfsdeckende Mindestsicherung. Dennoch sind wir der Überzeugung, dass auch Befürworter/innen eines bedingungslosen Grundeinkommens ihren Platz in der Partei DIE LINKE haben sollten. Deshalb plädieren wir ausdrücklich dafür, die bisherige Position der LINKEN beizubehalten und keine Entscheidung zu dieser Frage herbeizuführen. Ein Mitgliederentscheid, wie auch immer dieser ausginge, wäre eine massive Belastung für die Partei. Die Sozialistische Linke appelliert daher an alle Mitglieder und Kräfte in der LINKEN, denen die Einheit und Stärkung der Partei am Herzen liegt, Bestrebungen für einen solchen Mitgliederentscheid abzulehnen und im Falle, dass er doch stattfindet, dagegen zu stimmen.

Die Sozialistische Linke bringt sich in diese Auseinandersetzungen aktiv ein. Sie entwickelt und verbreitet Materialien, die sich gegen einen Mitgliederentscheid wenden, die Forderung nach einem Bedingungslosen Grundeinkommen in die Programmatik der Partei aufzunehmen, sowie Materialien zur Kritik von Konzepten eines Bedingungslosen Grundeinkommens in der Sache. Sie fordert den Parteivorstand auf, sich auf Basis der dargestellten Beschlüsse der Partei klar zu positionieren und dafür zu sorgen, dass die Partei ausgewogen informiert wird und diskutieren kann, indem neben den Pro- Materialien der BAG Grundeinkommen gleichgewichtig Contra- Materialien zur Verfügung stehen.

 

Links zu den Beschlüssen:

  • https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/parteivorstand/2016-2018/beschluesse/detail/news/zubestrebungen-
    fuer-einen-mitgliederentscheid-zum-bedingungslosen-grundeinkommen/
  • https://archiv2017.die-linke.de/partei/organe/parteitage/archiv/bielefelder-parteitag-
    2015/beschluesse-und-resolutionen/die-linke-und-das-bedingungslose-grundeinkommen/