Das Jahr 2017 wird DIE LINKE vor große Herausforderungen stellen. Zunächst stehen die wichtigen Landtagswahlen in Schleswig-Holstein, im Saarland und besonders in NRW an, bevor es dann im September darum geht, mit einem möglichst deutlich zweistelligen Ergebnis wieder in den Deutschen Bundestag einzuziehen. In den anstehenden Wahlkämpfen muss DIE LINKE die Auseinandersetzung mit den konkurrieren Parteien suchen und zuspitzen: Die AfD droht mit einem zweistelligen Ergebnis in den Bundestag einzuziehen. CDU und CSU entwickeln sich weiter nach Rechts und greifen Positionen der AfD auf. Die SPD versucht sich in sozialen Fragen zu profilieren – erfolglos, weil sie zu einer grundlegenden Abkehr von der neoliberalen Logik nicht bereit ist. Die Grünen sind stabiler, aber entwickeln sich zunehmend zum öko-sozialliberalen Flügel des bürgerlichen Lagers. Ein linkes Lager von Parteien, die eine hinreichend kohärente und potenziell mehrheitsfähige Alternative bilden könnten, besteht auf Bundesebene nicht. Die Sozialistische Linke wird sich in 2017 besonders in drei Bereichen einbringen:
1. Wahlprogrammdiskussion und Wahlkämpfe führen
In der Wahlstrategie der Partei wurden bereits von der SL beschlossene Positionen aufgenommen und es heißt jetzt: „DIE LINKE wird die sozialen Probleme und Konflikte offensiv als Folgen von Kapitalismus und Neoliberalismus und als Klassenfragen ansprechen“. Das bedeutet auch den Kapitalismus anzugreifen und Veränderungen in den Eigentumsverhältnissen zu fordern, insbesondere die Vergesellschaftung der Banken. Dies ist für uns ein zentrales Alleinstellungsmerkmal im Wahlkampf, weshalb wir als gewerkschaftlich orientierte Strömung die soziale Frage auch besonders betonen. Zudem muss DIE LINKE zugleich die rassistische Agitation der AfD scharf zurückweisen und sich weiterhin konsequent an der Seite der Geflüchteten und ihrer HelferInnen für Solidarität und Humanität positionieren. Im Kampf gegen Rechts und Rassismus nehmen wir zugleich die Ängste vieler Menschen vor sozialem Abstieg ernst und überlassen sie nicht den Rechten. Durch radikale Umverteilungspolitik gegen Oben wollen wir den Sozialstaat wieder Stärken und die Grundlage für das Auseinanderdividieren zwischen Armen in unserer Gesellschaft und den Flüchtlingen entziehen. Auch stehen wir gegen Terrorhysterie und Überwachungsstaat, für mehr Demokratie, gegen die Stärkung der Macht der Konzerne und Finanzinvestoren durch TTIP, CETA und TISA und gegen eine neoliberale EU, sowie entschieden für Friedens- und Entspannungspolitik, gegen Imperialismus und Krieg, und für einen ökologischen Umbau. Wir kämpfen für einen Politikwechsel in den zentralen Fragen und werden dazu unsere Anforderungen im Bundestagswahlprogramm der LINKEN verankern:
- Klassenkämpfe und Umverteilung zugunsten der Arbeitenden und Ärmeren
- Soziale Sicherheit, öffentliche und soziale Dienstleistungen stärken, für armutsfeste Renten und bezahlbare Wohnungen und gegen Privatisierung
- Flüchtlingsintegration, Antirassismus und Kampf gegen AfD und Pegida
- Gegen Austerität, autoritären Neoliberalismus und neoliberale Globalisierung, für ein anderes Europa • Sozial-ökologischer Umbau und mehr Demokratie • Frieden und Entspannung, gegen Aufrüstung und Konfrontation.
Im Gestus unserer Wahlkampagnen muss zudem klar zum Ausdruck kommen: DIE LINKE ist nicht Teil eines gemeinsamen Lagers mit den Kräften, die für die zunehmenden sozialen Spaltungen und internationalen Konfrontationen und Kriege mit verantwortlich sind. Im Gegenteil: „DIE LINKE steht in grundsätzlicher gesellschaftlicher und politischer Opposition zu Neoliberalismus und Kapitalherrschaft, imperialistischer Politik und Krieg.“ (Grundsatzprogramm) Andererseits ist es keine mobilisierungsfähige Strategie, einen reinen „Oppositionswahlkampf“ zu führen – erst recht in einer Situation, in der es keine bedeutenden gesellschaftlichen Oppositionsbewegungen von links gibt. Sondern es kommt darauf an, deutlich zu machen, dass es grundsätzliche politische Alternativen gibt, die die Lage der Menschen verbessern würden, dass diese grundsätzlich möglich und umsetzbar sind, und dass DIE LINKE dafür aktiv eintritt und kämpft. Die anderen politische Kräfte, insbesondere SPD und Grünen, müssen wir mit diesen Alternativen konfrontieren und von ihnen einfordern, diese gemeinsam mit der LINKEN durchzusetzen. Wir brauchen aber auch eine Durchsetzungsperspektive jenseits von parlamentarischen Mehrheiten und setzen dazu auf die Kräfte der Gewerkschaften und sozialen Bewegungen, mit denen gemeinsam wir im Wahljahr 2017 gesellschaftliche Kräfteverhältnisse verschieben wollen.
2. Außerparlamentarische Bewegungen und Kampagnen stärken
DIE LINKE muss 2017 als Mitgliederpartei gestärkt und weiter aufgebaut werden, vor Ort präsent, wahrnehmbar und aktiv sein in den Auseinandersetzungen, sich um die Probleme der Menschen kümmern und ihnen Hilfe bieten. Vor allem kommt es darauf an, den gesellschaftlichen Widerstand und Druck für eine andere Politik und damit gleichzeitig auch die Partei zu stärken, indem DIE LINKE sich an sozialen Kämpfen und Bewegungen aktiv beteiligt und sie zu stärken versucht, in Gewerkschaften und demokratischen Initiativen verankert ist und sie in ihren Anliegen unterstützt. DIE LINKE muss vom Kreis bis zum Bund versuchen, diese Aktivitäten und damit die Milieus und Bewegungen miteinander und mit der Partei zu verbinden und sich so als ein organisierender und orientierender Kern einer linken Gegenbewegung gegen den autoritären neoliberalen Kapitalismus und gegen Rechts entwickeln. Angesichts der Wahlerfolge rechter Parteien in ganz Europa, dem Aufstieg der AfD bei uns, einer in die Tausende geschnellte Zahle von Übergriffen auf Flüchtlingsunterkünfte sowie einem kippenden gesellschaftlichem Klima gegenüber Muslimen und Migranten kommt dem Kampf gegen Rassismus und einer praktischen Orientierung auf Initiativen der Solidarität eine zentrale Bedeutung zu. Zudem bieten sich für uns 2017 beim G20-Gipfel und weiteren Aktionen gegen die Freihandels- und Investitionsabkommen TTIP, CETA, TISA und Co wichtige Mobilisierungs- und Kristallisationspunkte.
Es geht darum, den Bewegungen gegen die neoliberale Globalisierung und für das Recht des Südens auf eine eigenständige Entwicklung, gegen Austeritätspolitik und die neoliberale Formierung in der EU sowie gegen Krieg und Imperialismus wieder neuen Aufschwung zu verleihen. Dazu muss DIE LINKE als verbindende Partei wirken und eine breite demokratische und linke Bündnispolitik in die Gesellschaft hinein entwickeln. Denn letztlich haben diese Bewegungen – bei allen Differenzierungen und Fraktionierungen – objektiv dieselben Gegner: die miteinander verflochtenen herrschenden kapitalistischen Klassen und regierenden neoliberalen Eliten in Deutschland, in der EU und im US-dominierten Westen insgesamt. Die Sozialistische Linke unterstützt die gewerkschaftlichen Kämpfe für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen. Einen besonderen Stellenwert hat in 2017 die Auseinandersetzung um Mehr Personal in der Pflege und um Entlastung und Mindestpersonalbemessungen in den bundesdeutschen Krankenhäusern. Dies kann eine der wichtigsten gewerkschaftlichen Auseinandersetzungen und Arbeitskämpfe der letzten Zeit werden und muss mit unseren Wahlkampagnen verbunden werden. Gleiches gilt für die „Das muss drin sein“-Kampagne, die nach den ersten beiden Jahren nicht wieder in der Schublade verschwinden darf, sondern evaluiert, ausgewertet und für die weitere Arbeit der Partei und für künftige Schwerpunktsetzungen im sozialen Feld nutzbar gemacht werden muss. Die Sozialistische Linke unterstützt zudem die Aktivitäten des Bündnisses „Reichtum umverteilen – ein gerechtes Land für alle!“ für eine stärkere Besteuerung von Reichen und finanzstarken Unternehmen. Angesichts der anhaltenden und sich verschärfenden internationalen Konflikte und Kriege, der zunehmenden Konfrontation zwischen USA und NATO einerseits und Russland und China andererseits und den immer stärkeren Aufrüstungsbestrebungen wird eine starke Friedensbewegung immer wichtiger. Die Sozialistische Linke unterstützt deshalb die Ostermärsche und weitere Aktionen der Friedensbewegung im Jahr 2017.
3. Inhaltliche Diskussion um Klassenpolitik ausbauen
In der LINKEN und auch der gesellschaftlichen Linken gibt es nicht erst seit den wichtigen und anregenden Veröffentlichungen von Eribon und Nachtwey ein stärker werdendes Interesse an Klassenpolitik und marxistischen Grundlagen. Diese Debatte betrifft die Kernfragen unseres Selbstverständnis als Strömung, wie schon aus der Grundlagenerklärung der Sozialistischen Linken von 2006 ersichtlich wird. Dort heißt es: „Wir stehen für eine Linke, die die Tradition der sozialistischen ArbeiterInnenbewegung in sich aufhebt und einen neuen Anlauf unternimmt, die Vorherrschaft des Kapitals zu überwinden. Die Linke muss zugleich realistisch und radikal, an die Wurzel gehend, sein. Sie muss die fortschrittlichen Kräfte aus Arbeit, Wissenschaft, Kultur und Politik zusammenführen und gesellschaftliche Bündnisse schmieden. Wichtige Grundlagen unserer Strömung bilden marxistische Gesellschaftsanalyse und Strategiediskussion sowie links-keynesianische Positionen alternativer Wirtschaftspolitik. (…) Anders als linksutopistische Strömungen betonen wir, dass es nicht ausreicht, Veränderungen nur zu wollen und seine Wünsche möglichst laut herauszuposaunen. Wir grenzen uns aber auch ab gegenüber Ansätzen in der neuen Linken, die sich in den Verhältnissen einrichten und lediglich in diesem Rahmen die Probleme lindern wollen.“ Unser Ziel ist nach wie vor die Bildung einer sozialistischen Partei mit Masseneinfluss, die alle Segmente der Lohnabhängigen und sozialer Protestbewegungen im Kampf gegen den Kapitalismus verbindet. Entsprechend wollen wir 2017 die Aktualisierung und Neubestimmung einer sozialistischen Klassenpolitik in unseren Bildungsveranstaltungen und Publikationen (wie z.B. unserem Debattenheft „realistisch & radikal“) aufgreifen und diese Debatten ausgehend von der Mitgliederversammlung im Januar 2017 verstärkt in der Partei anstoßen, führen und inhaltlich unterfüttern. Gleiches gilt für die Bildungsarbeit zu den Grundlagen marxistischer Analyse und sozialistischer Strategie, wie wir noch intensiver führen und als einen Schwerpunkt der Sommerakademie 2017 festlegen.